Externsteine bei Detmold

„Erlebnisse, die sich ein Fernwanderer nur wünschen kann“

– Ein Gespräch mit der Outdoor-Autorin Sara Danielsson.

Sie liebt „Draußen-Sachen“. Ob Wandern, Skifahren, Surfen, Zelten oder Angeln, in der Natur fühlt sich Sara einfach wohl. Schon als Teenager hat es die studierte Literaturwissenschaftlerin in die Ferne gezogen. Nach mehreren Jahren in Portugal hat sie inzwischen mit Mann und Katze in Schweden ihr Basislager aufgeschlagen. Auch von dort aus ist sie immer auf der Suche nach dem nächsten Outdoor-Abenteuer.

Von ihren Reisen bringt sie schöne Geschichten und richtig gute Fotos mit. Und zu unserem Glück hat sie gerade erst ein Buch über ihre Wanderung auf dem norwegischen Teil des E1 geschrieben. Wir haben die Gelegenheit genutzt und mit Sara über den Europäischen Fernwanderweg, das „Draußensein“ und ihre Fotos gesprochen.

Der E1 und Saras Wanderung Kautokeino – Nordkap

Du bist den Streckenabschnitt des E1 in Norwegen von Kautokeino bis zum Nordkap gewandert. Wie lange warst du dafür unterwegs?

Die Strecke an sich lässt sich gut in rund zwei Wochen wandern. Ich war letztes Jahr einen ganzen Monat dort, da die Recherche für das Buch natürlich mehr Zeit in Anspruch nimmt.

Warst du unterwegs telefonisch oder im Internet erreichbar? Hast du abends aus dem Zelt deine Erlebnisse gebloggt oder gepostet?

In der Finnmark gibt es tatsächlich auch fernab von der Zivilisation Netzabdeckung. Das liegt wohl daran, dass die Finnmarksvidda nicht sehr gebirgig ist. Hat man mal kein Netz, so kann man sich einfach auf den nächsten Hügel stellen!
Gebloggt habe ich während der Recherche nichts, ich wollte meine Erfahrungen erst mal ruhig verarbeiten und das meiste Material auch für das Buch zurückhalten. Ein paar Fotos auf Facebook hochladen, das konnte ich aber nicht sein lassen – besonders wenn ich Glück beim Angeln hatte!

Die Finnmark ist eine sehr dünn besiedelte Gegend. Wie lang war der längste Zeitraum, in dem du keinen Menschen getroffen hast?

Eigentlich habe ich doch fast jeden Tag mindestens eine andere Person getroffen. Zum Beispiel einen Samen, der gerade an einem Rentierzaun gebaut hat oder Lokalbevölkerung, die am Wochenende mit dem Quad die Finnmarksvidda überquert haben. Auch ein paar Wanderer waren natürlich unterwegs.

Fühlt man sich in der norwegischen Weite manchmal einsam oder genießt man die Ruhe?

Ich genieße die Ruhe, freue mich aber immer wenn es eine Hütte zum Übernachten gibt und ich vorm Kamin in ein paar Fjell&Vidde Zeitschriften vom Norwegischen Wanderverein (DNT) blättern kann.

Bist du bei deinen Unternehmungen meistens eher alleine oder mit Freunden, Gleichgesinnten unterwegs? Wie war es diesmal?

In der Finnmark war ich mit einem Freund aus Schweden. Ich bin nur selten alleine unterwegs, da ich mich über alle Situationen und Erfahrungen auf so einer Tour einfach so gerne austausche. Bin ich alleine unterwegs, fällt es mir schwer den Moment so richtig zu genießen. Umgekehrt scheinen schwierige Situationen oft leichter, wenn ich Gesellschaft habe. Bin ich alleine, ist es einfach den Mut zu verlieren, wenn es zum Beispiel mal eine ganze Woche lang nur aus Eimern regnet.
Oft gehe ich mit meinen Freunden aus Deutschland, Schweden oder Portugal auf Tour – und am liebsten natürlich mit meinem Mann!

Was war für dich auf dem E1 das Strecken-Highlight?

Die Bojobæski Hütte war für mich ein echtes Highlight. Eine herrliche Hütte in fantastischer Lage und dabei noch fast unbekannt und sehr selten besucht. Besonders schön war es zu spüren, wie viel Mühe sich die ehrenamtlichen Helfer vom DNT in Alta geben. Als wir dort ankamen, standen Bonbons auf dem Tisch, Nutella im Schrank und der Kamin war schon vorbereitet.
Ein anderes Highlight war die private Stohpojohka Hütte weiter im Norden. Dieser kleine Unterschlupf gehört einer samischen Familie, steht aber allen Reisenden offen. So weit im Norden wachsen schon keine Bäume mehr und es ist häufig sehr windig. Hier einen Schutz vor dem Wetter zu finden, ist wirklich herrlich. Besonders empfehlenswert ist das Gästebuch in dem sich so viele spannende Geschichten von Wanderern aus unzähligen Ländern finden.

Welche Etappe empfiehlst du für eine Tageswanderung oder ein Wochenende?

Auf der Magerøya, nahe des Nordkaps, geht ein beliebter Weg zur Landspitze Knivskjellodden, die tatsächlich noch einen Tick nördlicher liegt als das Nordkap. Das ist eine super Tagestour.
Auch ein Besuch bei der offenen Hütte Vannfjordhytta, ebenfalls auf der Magerøya, ist sehr zu empfehlen. Dort sind nicht so viele Touristen und die Landschaft ist einmalig.
Für die meisten anderen Wanderungen sollte man schon mindestens eine Übernachtung einplanen. Eine schöne Zelttour ist es vom südlichen Eingang des Nordkaptunnels dem E1 zu folgen und dann am Kobbefjorden zu zelten.

Bist du auch schon auf anderen Etappen des E1 unterwegs gewesen? Wenn ja, wo?

Von Kautokeino aus verläuft der E1 ja zu großen Teilen parallel zum Nordkalottleden, dort bin ich schon häufiger unterwegs gewesen. Zurzeit arbeite ich ja praktisch auf dem E1 und Nordkalottleden, in Ritsem.
Südlich von Sulitjelma war ich bisher nur im südlicheren Teil, im Femundsmarka Nationalpark und in Grövelsjön. Ich habe also noch jede Menge zu tun!

Würde es dich reizen, einmal den gesamten E1 am Stück zu erwandern?

Außerhalb Skandinaviens reizt mich die Strecke ehrlich gesagt nur abschnittsweise. Ich komme ja selbst aus Hamburg und habe vielleicht deshalb nicht mehr so viel Motivation zum Wandern im Flachland.
Berge, Seen, Wälder und die Möglichkeit nahezu überall Zelten und Angeln zu können – das sind für mich die besten Voraussetzungen für eine Tour von mehreren Wochen oder sogar Monaten. Kürzere Touren auf dem E1 in Dänemark, Deutschland, der Schweiz und natürlich Italien fände ich aber natürlich auch spannend.

Findest du Projekte wie den E1 wichtig für Europa?

Auf jeden Fall!
Es ist fantastisch, dass solche internationalen Wanderwege geschaffen werden. Ich denke, der E1 hat wirklich das Potenzial sich zum europäischen Pacific Crest Trail zu entwickeln, da es entlang des Weges alle Erlebnisse gibt, die sich ein Fernwanderer nur wünschen kann: herausforderndes Gelände, Einsamkeit, große Städte, verschiedene Kulturen und die gesamte Bandbreite europäischer Landschaften. Von den Alpen bis zu den Gletschern Norwegens und vom Mittelmeer zur Barentssee.

Zu Erfahrungen und Motivation

Nimmst du irgendwelche Unterhaltungsmedien mit? Mp3-Player oder ähnliches? Gibt es für dich etwas, das auf keiner Reise fehlen darf?

Ich habe eigentlich fast nie etwas zu Lesen mit dabei. Gelegentlich höre ich Musik auf meinem Telefon. Ich nehme allerdings immer ein Kniffel Spiel mit, damit kann man sich auch lange, regnerische Abende vertreiben. Wenn ich für ein Buch recherchiere, mache ich mir am Abend meistens Notizen oder male ein wenig in meinem Block herum.

Wie fühlt es sich an, ein neues Abenteuer zu beginnen? Bist du sofort voll im Modus oder musst du dich auf manche Erfahrungen erst einlassen?

Ein Abenteuer fängt für mich schon recht lange vor der Abreise an. Ich bin schrecklich organisiert und liebe es zu planen. Packlisten, nach Tagen gepackter Proviant und Reisepläne mit allen möglichen Etappen, sind für mich der Beginn aller größeren Abenteuer. Einfach weil die Vorfreude für mich ein wichtiger Teil jeder Tour ist. Die Fahrt zum Flughafen oder das Auto zu packen, das ist dann nur noch ein weiterer Schritt. Ich habe immer Fernweh und Wanderlust!

Auf deiner Website schreibst du, dass du dich immer mehr in der Natur zu Hause fühlen willst. Was macht das „sich zu Hause fühlen“ für dich aus?

Sich zu Hause zu fühlen, ist für mich mit Sicherheit und Ruhe verbunden. Ich möchte eine Wanderung nicht als eine Tour durch eine teilweise bedrohliche und unberechenbare Wildnis empfinden, an dessen Ende die „Rettung“ durch die Rückkehr zur Zivilisation steht. Mein Ziel ist es, mich in verschiedenen Landschaften und zu allen Jahreszeiten draußen einfach wohlzufühlen. Weil man die Natur kennt und sie nicht fürchtet. Mein großes Vorbild ist da der norwegische Abenteurer Lars Monsen.

Wer so viel in der Natur unterwegs ist, hat bestimmt auch einiges dazugelernt. Was war deine wichtigste Lektion?

Mir ist es wichtig, mich selbst nicht zu überschätzen und immer die Ruhe zu behalten. Ich bin recht leicht beunruhigt und nervös, daran muss ich immer noch arbeiten.

Du beschreibst dich zwar selbst nicht als „Survivalist“, also Überlebenskünstler, aber du bist dennoch manchmal in menschenleeren, abgeschiedenen Regionen unterwegs. Gab es schon einmal brenzlige Situationen?

Eigentlich nicht. Ich bin ziemlich vorsichtig, manchmal wirklich ein richtiger Hasenfuß. Von daher bin ich bisher noch in keiner lebensgefährlichen Situation gelandet.
Brenzlige Situationen, die mir im Kopf geblieben sind, gibt es aber natürlich trotzdem. Dazu gehören einige Stürze, instabile Schneebrücken oder viel zu tiefe Flussüberquerungen, die aber immer gut ausgingen.

Zum Fotografieren

Wie entscheidest du, wann es Zeit für ein Foto ist?

Auf Recherche, wenn ich etwas sehe und denke „das passt für den Wanderführer!“  Ansonsten mache ich ein Foto, wenn es ein Moment ist, an den ich mich später gerne erinnern, oder ihn mit jemandem teilen möchte.

Fotografierst du mit einer Kamera oder dem Smartphone?

Je nach Situation. Das Handy ist schneller einsatzbereit für einen Schnappschuss (und zudem wasserfest), aber mit der Kamera ist die Qualität natürlich deutlich besser.

Was machst du mit deinen Fotos? Zeigst du sie Freunden und Familie? Postest du sie online?

Wenn ich meinen Laptop habe, dann schaue ich mir alle Fotos von einer Reise an und treffe eine Auswahl. Diese Fotos schicke ich dann häufig meiner Familie und einigen Freunden per Mail oder im Messenger. Dann kommen einige, die mir besonders gut gefallen, natürlich auch auf meine Homepage.

Hast du schon mal an einem Fotowettbewerb teilgenommen und wie gefällt dir die Idee „internationaler E1/R1 Photo Award“?

Ich habe schon an einigen Fotowettbewerben teilgenommen, das ist aber schon einige Jahre her. Damals waren es vor allem Bilder vom Wellenreiten.
Die Idee einen internationalen E1/R1 Photo Award zu veranstalten, gefällt mir sehr gut. Fotos sind wohl das attraktivste online Medium und können dazu beitragen diese Wander- und Radwege bekannter zu machen.

Zum Abschluss

Was steht als nächstes auf deiner To-Do-Liste?

Wenn die Sommersaison in Ritsem vorbei ist, möchte ich gerne eine Weile in die Finnmark und dort die Herbststimmung genießen. Ich hoffe auf einige sonnige Tage und sternenklare Nächte mit Nordlichtern.
Im Oktober geht es dann nach Portugal, wo ich noch einige Fotos für einen Wanderführer beim Conrad Stein Verlag schießen möchte.

 

Wer noch mehr von Sara Danielssons Outdoor-Entdeckungen erfahren möchte, findet weitere Geschichten und Bilder auf ihrem Reiseblog. Der ist übrigens auf Englisch, weil sie damit die Mehrheit der Menschen erreicht. Zur Auswahl gestanden hätten dem Multitalent aber auch Portugiesisch, Deutsch und Schwedisch.

Ihr Buch „Der Weg ist das Ziel. E1 Kautokeino – Nordkap“ ist im Conrad Stein Verlag erschienen und enthält GPS-Tracks ihrer Reise zum Download.