Auf dem E1 von Detmold nach Altenbeken.

Teil 1: Am (ganz schön großen) Fuße des Hermannsdenkmals.

In seiner Tätigkeit als Journalist hat Thomas Limberg bereits zahlreiche Reisereportagen veröffentlicht. Seine Reisebilder wurden unter anderem auch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung abgedruckt. In seinem unabhängigen Blog Breitengrad66 erzählt er von seinen Reisen in der großen weiten Welt, oder auch von Ausflügen direkt vor seiner Haustür. Für seine Wanderung auf dem Europäischen Fernwanderweg E1 – übrigens gleichzeitig ein Teil des Hermannwegs – ist der Osnabrücker zwar nicht sehr weit gereist, was er gesehen hat, scheint ihn aber beeindruckt zu haben. Unter anderem war er auch dort, wo Fernwanderweg E1 und Fernradweg R1 sich kreuzen. Also sozusagen im Herzen des E1|R1 Photo Awards. Was er dort und an anderen besonderen Punkten auf einem nahgelegenen, aber besonders reizvollen Streckenabschnitt des E1 erlebt hat, teilt Thomas als unser erster Gastautor hier im Blog. Viel Spaß beim ersten Teil!

Mein Blick schweift über eine alte Wanderkarte. E1 Schweden-Umbrien steht an einem der eingezeichneten Wege. Das klingt nach Abenteuer. Wie viele Kilometer das wohl sein mögen? Ich bin Feuer und Flamme. Ein Blick auf Wikipedia verrät, inzwischen wurde der Wanderweg sogar erweitert und führt vom Nordkap bis Sizilien. Insgesamt 7000 Kilometer sollen es sein. Das ist ein Traum, denke ich mir. Doch leider nicht für Menschen mit wenig Zeit. Ein Wochenende kann ich aber abzwacken und suche nach Highlights des Weges. Lange muss ich nicht suchen, bis ich auf den Teutoburger Wald stoße. Das Hermannsdenkmal und die Externsteine stehen dort. Wie gemacht für eine Wanderung, bei der ich viel Natur und viel Kultur zugleich bekomme. Reichlich Fotomotive werden sich hier bieten. Ideal scheint mir eine Tour von Detmold bis nach Altenbeken. 30 Kilometer verzeichnet der Wanderführer. Genau richtig für zwei Etappen.

Ungefähr auf halber Strecke liegt Horn Bad-Meinberg. Ich stelle mein Auto dort ab, beziehe ein Hotelzimmer und bekomme an der Rezeption den Tipp, mit dem Bus zum Vogelpark Heiligenkirchen zu fahren. Dieser liegt in unmittelbarer Nähe des Hermannsdenkmals und von dort könnte ich dann, an den Externsteinen vorbei, zurück zum Ausgangspunkt wandern. Da die Bushaltestelle direkt vor dem Hotel liegt, muss ich nicht lange überlegen. Ich steige ein, strahle mit der Sonne um die Wette und freue mich auf eine abwechslungsreiche Tour. Rund 15 Minuten ist der Bus unterwegs, dann bin ich am Vogelpark. Ich bin zwar schon etwas spät dran und will eigentlich wandern, doch will ich unbedingt auch in den Park. Eine gute Entscheidung. Der Park ist zwar nicht sonderlich groß, dafür wunderschön angelegt und hat einige ganz besondere Attraktionen zu bieten. Doch dazu demnächst mehr.

Der Besuch im Vogelpark war ein Auftakt nach Maß. Dabei beginnt der Tag jetzt erst richtig. Ich starte mit meiner Wanderung. Die Jacke ist längst im Rucksack verschwunden. Nicht nur die herrlich scheinende Sonne, nein, vor allem die knackige Steigung ist der Grund dafür, dass ich ordentlich ins Schwitzen gerate. Für ein kurzes Stück beträgt die Steigung 20 Prozent. Fast schon alpin denke ich mir und atme schwer durch. Doch bald wird es flacher. Hinter den Birken, Kiefern und Buchen sehe ich ihn plötzlich vor mir – den Hermann. Imposant erhebt sich das Denkmal aus dem Frühlingswald. Ich bin beeindruckt. Irgendwie hatte ich mir das Gebilde kleiner vorgestellt.

Später werde ich nachlesen, dass Hermann mit einer Figurhöhe von 26,57 Metern die höchste Statue in Deutschland ist. Bis zur Erbauung der Freiheitsstatue soll es sich dabei sogar um die höchste Statue der westlichen Welt gehandelt haben. Mehrmals laufe ich um das Denkmal herum, fotografiere es aus jedem Winkel. Von jeder Seite sieht es faszinierend anders aus. Besonders der Gesichtsausdruck hat etwas Fesselndes. Das Hermannsdenkmal soll an den Cheruskerfürsten Arminius erinnern. Dieser brachte als Anführer mehrerer germanischer Stämme im Jahre 9. n. Chr. dem römischen Reich eine seiner größten Niederlagen bei. In der sogenannten Varusschlacht vernichteten die Germanen drei komplette römische Legionen. Fortan stellten die Römer ihre Bemühungen ein das rechtsrheinische Gebiet zu erobern und weiter Richtung Elbe vorzustoßen.

Während man beim Bau des Denkmals im 19. Jahrhundert den Ort der Schlacht noch hier vermutete, geht die Forschung mittlerweile davon aus, dass diese in Kalkriese bei Osnabrück stattgefunden hat. Wenngleich beide Orte rund 100 Kilometer voneinander trennen, stellt sich im Schatten des Hermanns unweigerlich die Frage, wie es damals wohl gewesen sein mag. Noch heute wirken die umliegenden Wälder ebenso endlos wie geheimnisvoll. Käme ein alter Germane aus dem Unterholz, es würde hier perfekt ins Bild passen. Einen wunderbaren Überblick über die gewaltige Größe der Wälder bekomme ich, als ich auf den Sockel des Denkmals steige. Es liegt Dunst in der Luft. Die Fernsicht ist eingeschränkt, aber soweit ich schauen kann, sehe ich Wald ohne Ende. Die Szenerie wirkt fast schon mystisch. Ist Varus hier einst mit seinen Legionen auf die Germanen gestoßen?

Ich mache einen kurzen Abstecher zum Kompetenzzentrum Wandern WALK, nur wenige Schritte vom Denkmal entfernt. Dahinter befindet sich ein gut besuchter Kletterpark, davor blickt mich jemand an, den ich vor wenigen Tagen in ähnlicher Form bereits auf einer Tourismusmesse in Berlin gesehen habe: ein kunterbunter Hermann. Auch diese Statue überzeugt mich. Sie würde sich wunderbar in meinem Garten machen, leider ist sie unverkäuflich. Wohl aber einige kleinere Hermann-Figuren aus rostigem Stahl. Für einen Moment überlege ich, ob ich eine mitnehme. Mit Stahl im Rucksack zu wandern, halte ich dann aber doch für keine gute Idee. Auch bei den im Walk angebotenen Büchern über das Hermannsdenkmal, über den Teutoburger Wald und über die Varusschlacht, fällt es mir schwer, nicht das ein oder andere in den Rucksack wandern zu lassen.

Bevor ich endgültig in Richtung Externsteine wandere, besuche ich noch eine kleine Holzhütte am Wegesrand. Der Bildhauer Ernst von Bandel hat hier vor knapp 150 Jahren gelebt. Die Hütte des Erbauers des Hermanndenkmals ist bis heute erhalten geblieben. Dort, wo er einst lebte, ist heute eine kleine Ausstellung über den Bauprozess untergebracht, die wirklich sehenswert ist. Dort wird auch gezeigt, wie es im Inneren des Hermanns aussieht und warum es nur eine Legende ist, dass einst ein Besucher durch das Nasenloch des Denkmals gefallen sein soll.

Weiter geht’s im nächsten Teil des Wanderberichts.